„Wer hat denn nur den Dampf erdacht,
die Fuhrleut’ um ihr Brot gebracht,
sie sind wahrlich übel dran,
mit der verfluchten Eisenbahn!“

Thronwagen König Georgs V.

Dieser Vierzeiler drückt vage aus, welchen Widerstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Befürworter der Anlegung einer Eisenbahn zu brechen hatten. Bereits im Jahre 1825 hatten braunschweiger Kaufleute der hannöverschen Regierung den Eisenbahnbau von Braunschweig und Hannover über Celle und Uelzen nach Hamburg vorgeschlagen. Im Gegensatz zu den Braunschweigern, die schon dreizehn Jahre später die Eröffnung der Strecke Wolfenbüttel - Braunschweig feierten, scheiterte in Hannover das Projekt. Zum einen war die Mehrzahl der Stände gegen einen Bau, zum anderen protestierten die Kaufleute. In Celle verfaßte die Kaufmannschaft eine Protestnote an König und Regierung:

„Es werde durch die Realisierung des Projektes nicht allein dem hiesigen Orte, sondern auch der ganzen Provinz ein unersetzlicher Nachteil zuwege gebracht, und der bedeutendste Erwerbszweig der Untertanen gänzlich abgeschnitten und zerstört. Die Einkünfte des Staates - besonders der Provinz - würden sinken, die Weser-, Leine- und Allerschiffahrt würden gänzlich für den Staat verloren und unterdrückt werden; Hamburg und Braunschweig würden den Handel an sich reißen."

Darauf sprach sich die verantwortliche Verwaltung 1826 gegen den Eisenbahnbau aufgrund der schweren Beeinträchtigung des Handels aus. Ein „internationales" Politikum war die Eisenbahn ohnehin. Favorisierte Hannover doch ein Streckenende im landeseigenen Seehafen Harburg, während man in Braunschweig (und Preußen) einen Bau bis Hamburg im Auge hatte. Letztendlich wurde die Hamburger Elbbrücken erst 1872 fertiggestellt, der erste durchgehende Zug von Hannover nach Hamburg fuhr erst 1875. Auch einen militärischen Aspekt hatte die Eisenbahn. So forderte das Militär unterschiedliche Spurgrößen in verschiedenen Ländern. Bei einer Fahrt von Magdeburg nach Dortmund beispielsweise hätte man viermal umsteigen müssen.

Obwohl der Bau einer Eisenbahn in Braunschweig und auch in Preußen in den folgenden Jahren verfolgt wurde, konnten die Eisenbahngegner in Hannover in ihrem König Ernst August, einem alter Husarenoffizier, einen mächtigen Verbündeten finden.

 

 

Streckennetz der KHStB 1866

Dies sollte sich Anfang der vierziger Jahre ändern. König Ernst August hatte nicht nur eine Probefahrt auf der Braunschweig-Wolfenbütteler Eisenbahn hinter sich gebracht, sondern auch grundlegend seine Haltung der Eisenbahn gegenüber geändert. Man plante den Bau einer Strecke von Hildesheim über Lehrte und Celle zum hannöverschen Seehafen Harburg. Die Landeshauptstadt selbst sollte erst gar nicht an das Bahnnetz angeschlossen werden, da der König Qualm und Dampf der Lokomotiven nicht in seiner Stadt haben wollte. Auf Drängen Preußens und Braunschweigs, die eine Eisenbahn von Berlin über Braunschweig und Minden nach Köln planten, mußte man sich in Hannover also zuerst mit einer „Ostwestbahn" beschäftigen. Durch den Druck der Nachbarländer wurde dann 1843 die Strecke Hannover - Lehrte eröffnet, die 1844 an der Landesgrenze bei Peine mit der braunschweiger Staatsbahn zusammentraf. Während die Signale ins preußisch-westfälische Minden erst 1847 auf Grün standen, wurden 1845 - bzw. 1846 - die zuerst geplanten Strecken Lehrte-Celle und Lehrte-Hildesheim eröffnet. Zeitgleich mit der Strecke nach Minden fuhr auch auf der Weiterführung der „Nordbahn" von Celle über Uelzen nach Harburg am 1847 der erste Zug. Bis zur unrechtmäßigen Annexion Hannovers 1866 wuchs das Schienennetz betrachtlich weiter an: Von Hannover und Hildesheim über Nordstemmen und Göttingen nach Kassel die „Südbahn" (1853-1856), von Lohne/Westfalen über Osnabrück, Rheine und Meppen nach Emden die „Westbahn" (1855-1856), eine Stichbahn von Lüneburg nach Lauenburg (1864) und schließlich die Strecke von Hannover über Nienburg und Bremen nach Wesermünde/Bremerhaven (1847-1862). Als Konkurrenz zur ostelbischen Eisenbahnstrecke Berlin-Hamburg plante man eine Strecke von Magdeburg über Stendal nach Uelzen, die allerdings erst 1873 fertiggestellt wurde. Eine kleine Anekdote: die Züge von Hannover nach Hamburg hielten in Uelzen auf dem hannöverschen Bahnhof. Die Züge von Stendal/Halberstadt nach Bremen gegenüber auf dem halberstädter Bahnhof. Weil aber auch eine gemeinsame Mitteleuropäische Zeit erst 1893 eingeführt wurde, hatte Uelzen nicht nur zwei Bahnhöfe, sondern auch zwei verschiedene Fahrpläne mit unterschiedlichen Zeiten.

 
  Egestorffs erste Lok „Ernst August"

Wie auch Braunschweig, bezog die hannöversche Staatsbahn ihre ersten Lokomotiven aus England. Über den Seeweg bis Harburg verschifft, mußten sie den Weg bis zu den Gleisen auf Pferdefuhrwerken hinter sich bringen. Zur Eröffnung der Strecke Hildesheim-Lehrte stellte die Maschinenfabrik Egestorff (später Hanomag) ihre erste Lokomotive vor, die mit dem Namen „Ernst August" künftig zwischen Celle und Hildesheim fuhr. Für die geländemäßig schwierige Südbahn nach Kassel produzierte Egestorff eine spezielle Lokomotive, bei der die beiden Antriebsachsen gekuppelt waren. Auch im Streben nach höheren Geschwindigkeiten lieferte Egestorff für Deutschland bahnbrechende Lokomotiven, die schon in den fünfziger Jahren Höchstgeschwindigkeiten von 120 km/h fuhren.

 
  Schnellzuglok der Baureihe „C3T“

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